Die drei schwarzen Prinzessinnen
Grimms Märchen
Stellt euch ein Schloss vor, tief versteckt in einem riesigen Wald. Eines Tages verirrte sich ein mutiger junger Mann dorthin. Er klopfte, aber niemand öffnete. Die Tür war aber nicht verschlossen, und so trat er ein.
Drinnen war es still und ein bisschen unheimlich. Plötzlich hörte er eine Stimme, die von nirgendwo zu kommen schien: "Du bist in meinem Schloss gefangen! Aber keine Sorge, wenn du eine Aufgabe erfüllst, bist du frei und wirst reich belohnt." Der junge Mann war überrascht, aber auch neugierig. "Was muss ich tun?", fragte er mutig.
Die Stimme erklärte: "Drei Nächte lang werden drei Prinzessinnen zu dir kommen. Sie sind ganz in Schwarz gekleidet. Du darfst kein einziges Wort mit ihnen sprechen, egal was sie tun oder anbieten. Sprichst du doch, ist alles verloren."
Das klang nicht so schwer, dachte der junge Mann. In der ersten Nacht, als es dunkel wurde, kamen tatsächlich drei Prinzessinnen ins Zimmer geschlichen. Sie waren von Kopf bis Fuß in schwarze Seide gehüllt, und ihre Gesichter konnte man kaum erkennen. Sie stellten ihm leckeres Essen und Trinken auf den Tisch: duftendes Brot, süße Früchte und kühlen Saft. Der junge Mann hatte großen Hunger und Durst, aber er dachte an die Warnung und rührte nichts an. Er blieb vollkommen still. Die Prinzessinnen sahen sich an, seufzten leise und verschwanden wieder.
In der zweiten Nacht passierte genau das Gleiche. Wieder kamen die drei schwarzen Prinzessinnen, wieder stellten sie ihm köstliche Speisen und Getränke hin. Der Magen des jungen Mannes knurrte laut, aber er blieb standhaft und sagte kein Wort. Wieder seufzten die Prinzessinnen und gingen traurig davon.
Auch in der dritten Nacht kamen die Prinzessinnen. Sie brachten diesmal noch verlockendere Sachen mit. Der junge Mann schwieg tapfer, obwohl es ihm sehr schwerfiel. Als die Prinzessinnen gerade wieder gehen wollten, da hielt die Älteste inne und sprach mit klarer Stimme: "Du tapferer junger Mann! Du hast uns fast erlöst!"
Der junge Mann war erstaunt, dass sie sprach. Die Prinzessin fuhr fort: "Wir sind von einem bösen Zauber belegt und müssen deshalb schwarz gekleidet sein. Nur wenn ein Held es wagt, uns die Köpfe abzuschlagen, werden wir wieder zu den schönen, fröhlichen Prinzessinnen, die wir einmal waren." Sie reichte ihm ein glänzendes Schwert. "Bitte, hab keine Angst und tu es!"
Der junge Mann erschrak sehr. Köpfe abschlagen? Das klang furchtbar! Aber die Prinzessinnen sahen ihn so bittend und hoffnungsvoll an. Er fasste all seinen Mut zusammen, nahm das Schwert, schloss kurz die Augen und schwang es – einmal, zweimal, dreimal.
Als er die Augen wieder öffnete, traute er ihnen kaum. Vor ihm standen nicht drei schwarze Gestalten, sondern drei wunderschöne Prinzessinnen in leuchtend weißen Kleidern! Sie lächelten ihn glücklich an. Der böse Zauber war gebrochen!
Die Prinzessinnen dankten ihm von ganzem Herzen. Die jüngste und allerschönste von ihnen gefiel dem jungen Mann besonders gut. Er fragte sie, ob sie seine Frau werden wolle. Sie sagte überglücklich "Ja!". Und so feierten sie eine prächtige Hochzeit im nun wieder fröhlichen Schloss und lebten glücklich und zufrieden bis ans Ende ihrer Tage.
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