Knoist un sine dre Sühne
Grimms Märchen
Kennt ihr Knoist? Nein? Dann will ich euch von ihm erzählen. Knoist war ein einfacher Mann und hatte drei Söhne, die er sehr liebte. Aber Knoist war nicht reich. Das Einzige, was er besaß, war ein kleines Haus. Als die Söhne erwachsen wurden, überlegte Knoist: "Wem soll ich das Haus geben? Ich kann es ja nicht in drei Teile schneiden!"
Da hatte er eine Idee. "Meine lieben Söhne", sagte er, "zieht hinaus in die Welt und lernt jeder ein Handwerk. Wer von euch sein Handwerk am besten kann, der soll das Haus bekommen." Die Söhne fanden das eine gute Idee und zogen los.
Der erste Sohn wurde Barbier. Er lernte so gut, dass er einem Hasen, der blitzschnell rannte, den Bart stutzen konnte, ohne ihn zu verletzen. Und er konnte sogar Eier rasieren, ohne dass die Schale zerbrach!
Der zweite Sohn wurde Schmied. Er wurde so geschickt, dass er einem Pferd, das im vollen Galopp lief, neue Hufeisen anbringen konnte.
Der dritte Sohn wurde Fechter. Er übte mit seinem Degen so fleißig, dass er im stärksten Regen stehen konnte und kein einziger Tropfen ihn traf, so schnell wirbelte er sein Schwert.
Nach einiger Zeit kamen die drei Söhne zu ihrem Vater zurück. Jeder erzählte stolz, was er gelernt hatte. Knoist staunte. "Ihr seid ja alle Meister eures Fachs!", rief er. "Wie soll ich mich da nur entscheiden?"
Gerade als sie überlegten, hoppelte ein Hase über das Feld.
"Aha!", rief der Barbier. Er schnappte sich Seife und Messer, rannte dem Hasen nach und – schwuppdiwupp – hatte der Hase einen frisch rasierten Bart, noch während er lief!
Kaum war das geschehen, kam der Schmied angerannt. "Der Hase braucht neue Eisen!", rief er, und schon hatte er dem laufenden Hasen vier winzige Hufeisen angenagelt.
Da lachte der Fechter, zog seinen Degen und tanzte so geschickt um den Hasen herum, dass der Hase vor Freude mitzuhüpfen schien, ohne dass ihm ein Haar gekrümmt wurde.
Knoist war noch immer unentschlossen. Da kam eine prächtige Kutsche des Weges. Plötzlich – krach! – brach ein Rad.
Der Schmied zögerte keine Sekunde. Er holte sein Werkzeug und reparierte das Rad so schnell, dass der reiche Herr in der Kutsche kaum Zeit hatte, sich zu wundern.
Der Barbier trat hinzu und sagte: "Mein Herr, Euer Bart könnte eine kleine Auffrischung vertragen!" Und schon rasierte er den Herrn in der Kutsche so sanft und schnell, dass dieser sehr zufrieden war.
In diesem Moment sprangen Räuber aus dem Gebüsch! Aber der Fechter war schon da. Er schwang seinen Degen so meisterhaft, dass die Räuber erschrocken davonliefen, ohne dass jemand verletzt wurde.
Der reiche Herr war begeistert und gab den Brüdern viel Geld.
Knoist sah seine Söhne an. "Ihr seid alle drei die Besten!", sagte er. "Ich kann mich nicht entscheiden."
Da lachten die Söhne und sagten: "Vater, das macht doch nichts! Wir bleiben einfach alle zusammen im Haus. Mit unseren Künsten können wir genug Geld verdienen, um gut zu leben."
Und so lebten Knoist und seine drei geschickten Söhne glücklich und zufrieden zusammen in dem kleinen Haus.
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