Die zwölf faulen Knechte
Grimms Märchen
Stellt euch vor, es gab einmal zwölf Knechte. Aber das waren keine gewöhnlichen Knechte! Oh nein, diese zwölf waren so faul, dass sie den ganzen Tag nichts taten, außer in der Sonne zu liegen und sich gegenseitig zu erzählen, wer von ihnen der Allerfaulste sei.
"Ich bin der Faulste von allen", prahlte der Erste. "Wenn ich mich zum Schlafen hinlege und meine Beine sind nicht zugedeckt, dann lasse ich sie so. Sie wieder unter die Decke zu ziehen? Ach, viel zu viel Arbeit!"
"Nein, ich bin fauler!", rief der Zweite. "Ich soll meinem Pferd Hafer geben? Puh! Ich lege ihm den Sack vor die Nase, es kann ja selbst fressen. Das Zaumzeug abnehmen und wieder anlegen? Niemals!"
"Ihr seid ja noch fleißig gegen mich!", meinte der Dritte. "Wenn ich hinfalle, bleibe ich einfach liegen, bis mich jemand aufhebt. Wieder aufstehen? Das dauert mir zu lange."
Der Vierte gähnte: "Wenn meine Kleider vom Regen nass werden, warte ich einfach, bis die Sonne sie wieder trocknet. Mich umziehen? Keine Lust."
"Ach was," sagte der Fünfte. "Wenn ich am Tisch sitze und das Messer liegt nicht direkt neben meinem Teller, lasse ich das Brot eben ungeschnitten. Danach greifen? Zu weit weg."
Der Sechste murmelte: "Ich habe einmal sechs Wochen lang geschlafen. Meine Stiefel auszuziehen? Warum denn? Man kann auch wunderbar mit Stiefeln schlafen, wenn man sich nicht bewegen muss."
"Das ist doch nichts!", sagte der Siebte. "Wenn ich irgendwohin gehen muss und da ist eine Pfütze, warte ich, bis sie ausgetrocknet ist. Einen Umweg gehen oder drüberspringen? Viel zu anstrengend."
Der Achte blinzelte. "Wenn mir jemand ein Buch gibt, lese ich nur die erste Seite. Umblättern? Wer macht denn sowas Anstrengendes? Da schlafe ich lieber ein."
"Pah!", machte der Neunte. "Wenn ein Stück Brot vor mir liegt, und ich habe großen Hunger, warte ich, bis es mir jemand in den Mund steckt. Selbst zugreifen? Niemals, das wäre ja Arbeit."
Der Zehnte seufzte: "Ich bin mal im weichen Schlamm stecken geblieben. Mich selbst rausziehen? Ich habe lieber gewartet, bis mich jemand gefunden und rausgehoben hat."
"Ihr habt ja keine Ahnung von wahrer Faulheit", sagte der Elfte. "Ich habe mich unter einen Wegweiser gelegt, der mir den Weg zeigen sollte. Ob ich gelesen habe, wohin der Weg führt? Nein, wozu auch? Liegen ist viel schöner als gehen."
"Hört mir zu, ich bin der Allerfaulste!", verkündete schließlich der Zwölfte. "Ich sollte einen schweren Stein vom Weg räumen, damit der Wagen meines Herrn vorbeifahren kann. Aber der Stein war so schwer! Da habe ich mich einfach danebengelegt und gesagt: 'Ach, Herr, macht das doch selbst, ich bin zu müde.' Und wisst ihr was? Er hat es getan, weil er es eilig hatte!"
Und so lagen die zwölf Knechte weiter faul in der Sonne und waren sich einig: Faul sein ist einfach das Allerbeste!
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