• Der Gang von Handan

    Chinesische Fabeln
    Stellt euch vor, in einem Land namens Yan lebte ein junger Mann. Dieser junge Mann hörte eines Tages, dass die Leute in der berühmten Stadt Handan ganz besonders toll gehen konnten. Ihre Schritte sollen so elegant und schwungvoll gewesen sein, dass es eine Freude war, ihnen zuzusehen.

    "Wow!", dachte der junge Mann. "So möchte ich auch gehen können! Dann bewundern mich sicher alle." Also packte er seine Siebensachen und machte sich auf den weiten Weg in die Stadt Handan.

    Als er dort ankam, staunte er nicht schlecht. Die Menschen in Handan bewegten sich wirklich wunderschön. Sie schienen fast über die Straßen zu schweben. Sofort begann der junge Mann, die Leute genau zu beobachten und versuchte, ihre Schritte nachzumachen. Er hob ein Bein ganz hoch, schwang die Arme auf eine bestimmte Art und versuchte, genauso lässig auszusehen.

    Aber ach, es war gar nicht so einfach! Mal stolperte er über seine eigenen Füße, mal wackelte er wie ein Pudding, und manchmal sah er einfach nur komisch aus. Die Kinder in Handan kicherten heimlich, wenn sie ihn sahen.

    Der junge Mann übte und übte. Er konzentrierte sich so sehr darauf, den Gang der Handan-Leute zu lernen, dass er ganz und gar vergaß, wie er früher selbst immer gegangen war. Seine eigenen, ganz normalen Schritte waren wie weggeblasen aus seinem Kopf.

    Nach vielen Wochen versuchte er es immer noch. Aber er konnte den eleganten Gang von Handan einfach nicht lernen. Und das Schlimmste war: Er wusste auch nicht mehr, wie er vorher gegangen war! Er konnte weder auf die neue, schicke Art gehen, noch auf seine alte, vertraute Weise.

    Was nun? Der arme junge Mann konnte nicht mehr richtig laufen. Schweren Herzens musste er schließlich auf allen Vieren den ganzen langen Weg zurück in seine Heimatstadt Yan krabbeln.

    Und so merkte er auf die harte Tour: Manchmal ist es am besten, einfach man selbst zu sein und stolz auf das zu sein, was man schon kann, anstatt krampfhaft jemand anderen nachzumachen und dabei das Eigene zu verlieren.

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