Der Fuchs und der Dornbusch
Äsopische Fabeln
Ein Fuchs, nennen wir ihn mal Fridolin, flitzte eines Tages eilig durch den Wald. Vielleicht hatte er ja ein Huhn zu viel geärgert, wer weiß das schon! Jedenfalls kam er an einen steilen Hang und – schwups! – rutschte er aus. "Hilfe!", dachte Fridolin und griff im Fallen nach dem Nächsten, was er zu fassen bekam. Das war ein großer, buschiger Brombeerstrauch.
Doch kaum hatte er sich festgekrallt, rief er: "Aua, aua, aua!" Die spitzen Dornen des Strauches hatten ihn an Pfoten und Fell gepikst. Es tat ganz schön weh.
Als Fridolin sich endlich wieder aufgerappelt hatte, war er ziemlich sauer auf den Brombeerstrauch. "Du bist aber ein gemeiner Helfer!", schimpfte er. "Ich wollte mich doch nur bei dir festhalten, um nicht abzustürzen, und du stichst mich so fies!"
Der Brombeerstrauch raschelte leise mit seinen Blättern. Dann sagte er mit ruhiger Stimme (wenn Sträucher denn eine Stimme haben): "Lieber Fridolin, da hast du dich aber getäuscht. Ich bin nun einmal ein Brombeerstrauch. Meine Natur ist es, festzuhalten – und ja, auch zu pieksen. Du hättest besser daran gedacht, dass ich voller Dornen bin, bevor du so fest zugepackt hast."
Fridolin schüttelte den Kopf. Der Strauch hatte wohl recht. Er leckte seine wunden Pfoten und trottete davon, ein bisschen vorsichtiger und klüger als zuvor.
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