Die Löwin
Äsopische Fabeln
An einem warmen Nachmittag im großen Wald trafen sich die Tiere. Die Füchsin war besonders aufgeregt. Sie hatte gerade fünf kleine, wuschelige Fuchskinder bekommen und konnte es kaum erwarten, allen davon zu erzählen.
"Hallo zusammen!", rief sie fröhlich in die Runde. "Schaut mal, was ich für eine tolle Mama bin! Ich habe fünf gesunde Kinder! Fünf! Könnt ihr das glauben?" Sie tippelte stolz um ihre Kleinen herum, die neugierig aus ihrem Bau lugten.
Da kam die Löwin langsam und königlich des Weges. Neben ihr tapste ein einziges, kräftiges Löwenjunges.
Die Füchsin sah die Löwin und kicherte ein wenig. "Oh, hallo Löwin! Du hast ja nur ein einziges Baby? Nur eines? Ist das nicht ein bisschen wenig? Ich meine, ich habe fünf! Fünf wunderbare, kleine Füchse!" Sie plusterte sich richtig auf.
Die Löwin lächelte sanft. Sie blickte liebevoll auf ihr Junges, das versuchte, einen Schmetterling zu fangen. Dann sah sie die Füchsin an und sagte mit ruhiger, aber fester Stimme: "Ja, liebe Füchsin, ich habe nur eines." Sie machte eine kleine Pause und fügte dann mit Stolz hinzu: "Aber es ist ein Löwe!"
Die Füchsin wurde plötzlich ganz still. Sie schaute auf ihre fünf kleinen Kinder und dann auf das starke Löwenjunge. Sie verstand. Manchmal ist eines, das ganz besonders ist, mehr wert als viele andere.
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