Das Pferd und der Esel
Äsopische Fabeln
Auf einem langen, staubigen Weg trotteten ein stolzes Pferd und ein kleiner Esel nebeneinander her. Sie gehörten einem Bauern, der gemütlich hinter ihnen ging.
Der arme Esel ächzte und stöhnte, denn er trug riesige, schwere Säcke auf seinem Rücken. Das Pferd hingegen trug fast nichts, nur einen leichten Sattel, und tänzelte fröhlich vor sich hin.
Nach einer Weile keuchte der Esel: "Liebes Pferd, mir ist so schwer. Könntest du mir bitte einen einzigen von diesen Säcken abnehmen? Ich schaffe es sonst bald nicht mehr."
Das Pferd warf überheblich den Kopf in den Nacken und schnaubte: "Was? Ich soll deine Sachen tragen? Auf keinen Fall! Jeder ist für seine eigene Last verantwortlich. Das ist dein Problem, nicht meins." Und es trabte unbekümmert weiter.
Der Esel schleppte sich mühsam voran, Schritt für Schritt. Aber die Last war einfach zu viel. Seine Beine zitterten, er stolperte, und dann, mit einem tiefen Seufzer, brach er am Wegesrand zusammen. Er war so erschöpft, dass er einfach nicht mehr weiterkonnte. Er schloss die Augen und rührte sich nicht mehr.
Der Bauer kam herbeigelaufen. Als er sah, was passiert war, schüttelte er traurig den Kopf. Dann nahm er alle schweren Säcke, die der Esel getragen hatte, und lud sie auf den Rücken des Pferdes. Und weil er nichts verschwenden wollte, legte er sogar noch das Fell des armen Esels oben drauf.
Das Pferd stöhnte nun unter der riesigen Last. Die Säcke waren schwer, und das zusätzliche Gewicht des Fells machte alles noch schlimmer. "Ach," dachte das Pferd mit hängendem Kopf, "wie dumm von mir! Hätte ich dem Esel doch nur ein kleines bisschen geholfen. Jetzt muss ich nicht nur seine ganze Last tragen, sondern auch noch sein Fell. Das ist viel, viel schwerer, als wenn ich ihm nur einen Sack abgenommen hätte."
Und so musste das stolze Pferd den Rest des Weges die doppelte Bürde tragen und hatte viel Zeit, über seine Selbstsucht nachzudenken.
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