• Der Löwe, der Fuchs und der Esel

    Äsopische Fabeln
    An einem sonnigen Morgen machten sich der Löwe Leo, der schlaue Fuchs Finn und der gutmütige Esel Emil auf den Weg, um gemeinsam zu jagen. Sie waren ein ungewöhnliches Team, aber sie hatten Hunger.

    Nach einer langen Jagd hatten sie eine ganze Menge Beute gesammelt: ein paar saftige Rehe und ein dickes Wildschwein. "Puh, das war anstrengend!", schnaufte der Esel Emil.

    Leo, der Löwe, als der Stärkste und König der Tiere, brummte zufrieden: "Gut gemacht, Freunde! Emil, du bist bekannt für deine Ehrlichkeit. Teile du die Beute für uns drei auf."

    Emil, der immer alles ganz genau und gerecht machen wollte, nickte eifrig. Er teilte die Jagdbeute sorgfältig in drei exakt gleich große Haufen. Ein Haufen für Leo, ein Haufen für Finn und ein Haufen für sich selbst. "So, bitte schön!", sagte er stolz.

    Leo sah die drei gleichen Haufen und seine Augen wurden schmal. Sein Fell sträubte sich ein wenig. "Was soll das heißen?", brüllte er plötzlich los, dass die Blätter von den Bäumen fielen. "Denkst du, ich, der König der Tiere, bekomme genauso viel wie ein einfacher Esel oder ein listiger Fuchs?" Und bevor Emil auch nur "I-A" sagen konnte, gab Leo ihm einen gewaltigen Tatzenhieb, und – schwupps – war der arme Emil nicht mehr da.

    Der Fuchs Finn zitterte am ganzen Körper. Ihm war ganz anders geworden. Leo blickte ihn nun an, leckte sich die Schnauze und sagte mit tiefer Stimme: "Nun, Finn, jetzt bist du dran. Teile du die Beute."

    Finn, der sehr schlau war und sehr schnell gelernt hatte, was gerade passiert war, beeilte sich. Er schob fast die gesamte Beute – all die Rehe und das dicke Wildschwein – auf einen riesigen Berg für den Löwen. Für sich selbst behielt er nur ein winzig kleines Stückchen Fleisch, kaum größer als eine Maus.

    Leo betrachtete den riesigen Haufen für sich und das winzige Stückchen für den Fuchs. Ein breites Lächeln erschien auf seinem Löwengesicht. "Das nenne ich eine kluge Aufteilung, Finn! Sehr, sehr klug. Sag mir, mein lieber Freund, wer hat dir diese wunderbare Weisheit gelehrt, so gerecht zu teilen?"

    Finn verbeugte sich tief, so tief, dass seine Nase fast den Boden berührte, und piepste leise: "Das Schicksal des Esels, Euer Majestät."

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