• Von dem Fischer un syner Fru

    Grimms Märchen
    An der Küste, wo das Meer manchmal wild und manchmal ganz sanft ist, lebte ein Fischer mit seiner Frau. Sie wohnten in einer ganz kleinen, ärmlichen Hütte, die nicht sehr schön war, und hatten oft nicht viel zu essen.

    Eines Tages saß der Fischer wie immer am Ufer und angelte. Plötzlich zappelte etwas an seiner Angel! Er zog sie ein und was sah er? Einen großen, glänzenden Fisch, einen Butt! Doch der Butt fing an zu sprechen: "Lieber Fischer, lass mich leben! Ich bin kein gewöhnlicher Fisch, ich bin ein verwunschener Prinz. Was nützt es dir, wenn du mich isst? Wirf mich zurück ins Meer!" Der Fischer war so erstaunt, dass er den Fisch sofort freiließ.

    Als er nach Hause kam und seiner Frau Ilsebill davon erzählte, schimpfte sie: "Du Dummkopf! Du hast einen Zauberfisch gefangen und dir nichts gewünscht? Geh sofort zurück und wünsch dir ein schönes, neues Häuschen!" Der Fischer wollte nicht, aber Ilsebill schickte ihn los. Er ging ans Meer, das jetzt ein bisschen unruhiger war, und rief:
    "Männlein, Männlein, Timpe Te,
    Buttje, Buttje in der See,
    meine Frau, die Ilsebill,
    will nicht so, wie ich wohl will."

    Der Butt kam angeschwommen. "Was will sie denn?", fragte er.
    "Ach," sagte der Fischer, "sie will ein schönes Häuschen."
    "Geh nur nach Hause," sagte der Butt, "sie hat es schon."
    Und tatsächlich, da stand ein hübsches, neues Häuschen anstelle der alten Hütte.

    Ein paar Tage war Ilsebill zufrieden. Dann sagte sie: "Das Häuschen ist zu klein! Geh zum Butt und wünsch dir ein großes Schloss!" Dem Fischer war es gar nicht recht, aber er ging. Das Meer war schon dunkler und welliger. Er rief wieder seinen Spruch.
    "Was will sie denn nun?", fragte der Butt.
    "Sie will ein Schloss," seufzte der Fischer.
    "Geh heim, sie sitzt schon drin," sagte der Butt.
    Und da stand ein prächtiges Schloss mit Dienern und allem Drum und Dran.

    Aber Ilsebill hatte nicht genug. "Ein Schloss ist gut, aber ich will Königin sein!" schrie sie. Der Fischer wurde traurig, aber er musste gehen. Das Meer war jetzt grau und stürmisch. Er rief den Butt.
    "Was will sie denn noch?", fragte der Fisch mit müder Stimme.
    "Sie will Königin sein."
    "Geh heim, sie ist es schon."
    Und Ilsebill saß auf einem goldenen Thron und war Königin.

    Bald darauf wollte Ilsebill Kaiserin werden. Der Fischer zitterte, als er zum Meer ging. Es war schwarz und tobte mit riesigen Wellen. "Männlein, Männlein...", rief er kaum hörbar.
    "NUN WAS WILL SIE?", donnerte der Butt.
    "Kaiserin will sie werden!"
    "Geh heim, sie ist es schon."
    Und Ilsebill war Kaiserin, noch mächtiger als zuvor.

    Doch Ilsebills Gier kannte keine Grenzen. "Ich will Papst sein!", befahl sie. Dem Fischer war ganz schlecht. Das Meer war ein einziges Unwetter, Blitze zuckten. Er schrie seinen Spruch in den Sturm. Der Butt erschien, größer als je zuvor.
    "WAS DENN NOCH?", brüllte er.
    "Sie will Papst sein."
    "Geh heim, sie ist es schon."
    Und Ilsebill saß da wie der Papst, mit vielen Kardinälen um sich herum.

    Am nächsten Morgen wachte Ilsebill auf und sah die Sonne aufgehen. "Ha!", dachte sie. "Ich will auch die Sonne auf- und untergehen lassen können! Ich will sein wie der liebe Gott!" Sie schickte den Fischer los. Er kroch fast zum Meer, so furchtbar war der Sturm. Der Himmel war pechschwarz. Er rief den Butt. Der Butt kam, und seine Stimme war wie Donner.
    "WAS WILL SIE JETZT?", schrie er, dass die Erde bebte.
    "Ach," stammelte der Fischer, "sie will sein wie der liebe Gott."
    "Das ist zu viel!", rief der Butt. "Geh nach Hause. Sie sitzt wieder in eurer alten, ärmlichen Hütte."

    Und als der Fischer nach Hause kam, saßen sie tatsächlich wieder in ihrer winzigen, alten Hütte. Das Meer war wieder ruhig und blau. Und Ilsebill? Sie war nicht mehr Königin, nicht Kaiserin und schon gar nicht wie der liebe Gott. Sie hatte gelernt, dass Gier zu nichts Gutem führt. Und manchmal, nur manchmal, ist ein bisschen weniger vielleicht sogar ein bisschen mehr.

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