Frieder und Katerlieschen
Grimms Märchen
In einem kleinen, gemütlichen Häuschen wohnten einmal Frieder und seine Frau Katherlieschen.
Eines Tages sagte Frieder: "Liebe Katherlieschen, ich gehe aufs Feld arbeiten. Koch du etwas Gutes und bring mir später ein kühles Bier."
Katherlieschen dachte nach. "Eine Wurst wäre lecker!" Sie briet eine Wurst in der Pfanne. Aber dann dachte sie: "Oh je, der Hund könnte die Wurst fressen, während ich das Bier aus dem Keller hole!" Sie hatte eine schlaue Idee (dachte sie jedenfalls): Sie band die Wurst an einen Faden. Ein Ende gab sie dem Hund ins Maul, das andere hielt sie fest. "So kann nichts passieren!" Aber schwupps! Der Hund rannte los, und die Wurst war weg. "Ach du Schreck!", rief Katherlieschen.
Nun musste sie Bier aus dem Keller holen. Sie nahm einen Krug und ging hinunter. Sie zapfte Bier in den Krug, aber ach, sie vergaß, den Zapfhahn wieder richtig ins Fass zu stecken! Das Bier lief und lief auf den Kellerboden, bis das ganze Fass leer war. Als sie es bemerkte, dachte sie: "Oh nein! Was nun?" Sie sah die große Pfütze und meinte: "Naja, jetzt ist es eh zu spät."
Frieder kam nach Hause, müde und durstig. Er war nicht sehr glücklich. "Katherlieschen, was hast du nur gemacht?"
Am nächsten Tag gab Frieder Katherlieschen einen Beutel mit Goldmünzen. "Geh zum Markt und kaufe etwas Gutes zu essen. Aber pass auf das Geld auf!"
Katherlieschen dachte: "Damit ich den Weg zurückfinde, streue ich Mehl auf den Boden." Gesagt, getan. Sie nahm einen Sack Mehl und streute eine Spur hinter sich her. Aber die Vögel kamen und pickten das ganze Mehl auf. Als Katherlieschen mit ihren Einkäufen zurückwollte, war der Weg weg!
Sie irrte im Wald umher. Da sah sie ein paar Männer, die sich hinter Bäumen versteckten. "Die spielen Verstecken!", dachte Katherlieschen. "Ich spiele mit!" Sie hatte noch ein paar Goldtaler übrig. Sie legte sie auf einen Stein und rief: "Hier, ihr Schelme, wenn ihr mich findet, dürft ihr das Gold behalten!" Die Männer, es waren Räuber, staunten, nahmen das Gold und lachten.
Als sie ohne Geld und ohne Essen nach Hause kam, seufzte Frieder tief. "Katherlieschen, Katherlieschen. Morgen gehen wir zusammen weg. Aber bevor wir gehen, musst du das Haus gut sichern!"
Katherlieschen überlegte. "Wie sichere ich das Haus am besten?" Ihr fiel ein: "Wenn ich die Tür mitnehme, kann niemand hinein!" Also hob sie die schwere Haustür aus den Angeln und trug sie auf dem Rücken.
Frieder traf sie mit der Tür auf dem Rücken. "Was machst du denn da?" fragte er. "Ich sichere das Haus!", sagte Katherlieschen stolz.
Sie gingen weiter und kamen zu dem Wald, wo die Räuber waren. Die Räuber zählten gerade ihr gestohlenes Geld. Frieder und Katherlieschen kletterten schnell auf einen Baum, um sich zu verstecken. Katherlieschen zerrte die Tür mit hinauf.
Die Tür war schwer. Katherlieschen wurde müde. Plötzlich rutschte ihr die Tür aus den Händen und fiel mit Getöse herunter. Frieder hatte noch ein paar Goldstücke in der Tasche, die fielen dabei auch herunter.
Die Räuber unten erschraken. "Es hagelt Goldtaler!", rief einer. Sie dachten, der Himmel schickte ihnen noch mehr, aber dann bekamen sie Angst vor dem Lärm und rannten davon. Ihr ganzes gestohlenes Gut ließen sie liegen.
Frieder und Katherlieschen sammelten alles ein und waren nun reich. Zu Hause sagte Frieder: "Katherlieschen, geh du aufs Feld und ernte die Rüben, ich zähle das Geld."
Auf dem Feld wurde Katherlieschen müde und schlief ein. Die Räuber, die sich nicht weit entfernt versteckt hatten, schlichen sich an und banden ihr lauter kleine Glöckchen an die Kleidung, ohne dass sie es merkte.
Als Katherlieschen aufwachte und sich bewegte, bimmelten die Glöckchen. "Bin ich das, Katherlieschen, oder bin ich es nicht?", fragte sie sich verwirrt.
Sie wusste es nicht recht. Sie ging zum Dorf und fragte die Leute: "Sagt, bin ich Katherlieschen?" Die Leute lachten und sagten: "Ja, natürlich bist du Katherlieschen!"
Aber Katherlieschen glaubte es nicht. Sie ging zu ihrem Haus, klopfte ans Fenster und rief: "Frieder, ist Katherlieschen drinnen?"
Frieder, der dachte, sie mache Spaß, rief zurück: "Ja, ja, sie ist drinnen und schläft fest!"
"Ach je!", rief Katherlieschen. "Dann bin ich es wohl doch nicht!" Und weil sie nicht wusste, wer sie war, lief sie einfach davon und suchte sich selbst. Ob sie sich je gefunden hat? Wer weiß das schon!
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