Die Hochzeit der Frau Füchsin
Grimms Märchen
In einem gemütlichen Fuchsbau tief im Wald lebten Herr Fuchs und Frau Füchsin. Herr Fuchs war ein schlauer Kerl, manchmal vielleicht ein bisschen zu schlau. Eines Tages dachte er sich: "Ich frage mich, ob meine Frau Füchsin mich wirklich lieb hat. Ich werde sie mal auf die Probe stellen!"
Also legte er sich hin, streckte alle Viere von sich und tat so, als wäre er mausetot. Kein Zucken, kein Atmen, ganz still lag er da.
Frau Füchsin war sehr traurig (oder tat zumindest so!). Sie ging in ihr Zimmerchen und weinte bitterlich. Ihre treue Dienerin, eine Katze namens Miezchen, blieb in der Küche und passte auf das Haus auf.
Bald klopfte es an der Tür. Klopf, klopf! Miezchen, die Katze, machte vorsichtig auf. Draußen stand ein junger Fuchs. "Guten Tag", sagte er. "Was macht denn die Frau Füchsin? Weint sie noch?"
Miezchen rief zu Frau Füchsin hinauf: "Frau Füchsin, ein Freier ist da!"
Frau Füchsin rief zurück: "Miezchen, mein Katzilein, frag ihn mal: Hat er denn neun Schwänze, so prächtig wie mein verstorbener Herr Fuchs?"
Die Katze fragte den jungen Fuchs. "Nein", sagte der junge Fuchs traurig, "ich habe nur einen."
"Dann will ich ihn nicht!", rief Frau Füchsin aus ihrem Zimmer. "Schick ihn weg!" Und Miezchen schloss die Tür.
Kurz darauf klopfte es wieder. Klopf, klopf! Diesmal stand ein Wolf vor der Tür. Wieder fragte Miezchen nach den neun Schwänzen. Der Wolf schüttelte den Kopf. "Nur einen", brummte er.
"Dann will ich ihn nicht!", rief Frau Füchsin. Weg war der Wolf.
So ging es weiter. Es kamen ein Bär, ein Hirsch und sogar ein Löwe. Aber keiner von ihnen hatte neun Schwänze, so wie der alte Herr Fuchs sie (angeblich) hatte. Alle wurden weggeschickt.
Endlich klopfte es noch einmal. Klopf, klopf! Miezchen machte auf und staunte. Draußen stand wieder ein junger Fuchs, aber dieser hier...
"Frau Füchsin!", rief Miezchen aufgeregt. "Ein Freier ist da!"
"Hat er denn neun Schwänze?", fragte Frau Füchsin wie immer.
"Oh ja!", rief die Katze voller Freude. "Er hat neun wunderschöne, buschige Schwänze, einer prächtiger als der andere!"
"Hurra!", rief Frau Füchsin. "Dann ist das der Richtige! Miezchen, mach alles sauber! Schmeißt den alten, toten Fuchs zum Fenster hinaus und bereitet alles für die Hochzeit vor!"
Gesagt, getan. Der alte Herr Fuchs, der ja nur so tat als ob, wurde kurzerhand aus dem Fenster geworfen. Drinnen wurde geputzt und geschmückt. Frau Füchsin zog ihr schönstes Kleid an und feierte fröhlich mit dem jungen Fuchs mit den neun Schwänzen und allen Gästen, die schnell herbeigeeilt waren.
Aber plötzlich! Mitten im größten Jubel und Tanz sprang unten vor dem Haus der alte Herr Fuchs auf! Er schüttelte sich den Staub ab und war putzmunter.
"Aha!", rief er mit lauter Stimme. "Da wird ja schon Hochzeit gefeiert!" Er schnappte sich einen dicken Knüppel, stürmte ins Haus und jagte die ganze Gesellschaft – Frau Füchsin, den Bräutigam mit den neun Schwänzen und alle Gäste – mit Geschrei und Gepolter aus seinem Bau hinaus.
Und so hatte der alte Herr Fuchs sein Haus wieder für sich allein. Ob Frau Füchsin daraus gelernt hat? Das steht in keiner Geschichte geschrieben.
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