Der Wolf und die alte Frau
Äsopische Fabeln
Stellt euch vor, tief im Wald, wo die Bäume ganz hoch sind, da lebte ein Wolf. Dieser Wolf hatte einen riesigen Hunger. Sein Magen knurrte so laut, man hätte meinen können, ein Gewitter zieht auf.
Eines Tages, als er so durch den Wald schlich, hörte er etwas. Aus einem kleinen Häuschen am Waldrand drang lautes Weinen. Und dann eine Stimme, die schimpfte: "Wenn du nicht sofort still bist, hole ich den Wolf, und der frisst dich!"
Der Wolf spitzte die Ohren. "Oh, das ist ja wunderbar!", dachte er. "Ein Abendessen, das direkt zu mir kommt!" Er legte sich ganz leise vor die Tür und wartete. Und wartete. Sein Magen knurrte vor Aufregung.
Nach einer ganzen Weile hörte das Weinen auf. Dann hörte der Wolf die Frau wieder. Aber diesmal klang sie ganz sanft: "So ist es brav, mein Schatz. Und wenn der böse Wolf wirklich kommt, dann nehmen wir den großen Besen und jagen ihn davon!"
Der Wolf stand langsam auf. Er schüttelte verwirrt seinen Kopf. "Was denn nun?", brummte er leise. "Erst soll ich kommen, dann soll ich weggejagt werden? Diese Menschen sind wirklich seltsam."
Mit einem noch lauteren Knurren im Bauch trollte er sich davon, tiefer in den Wald hinein, und dachte sich, dass man nicht alles glauben darf, was man so hört, besonders nicht von alten Frauen, die weinende Kinder beruhigen wollen.
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