• Der Adler und der Pfeil

    Äsopische Fabeln
    Hoch oben am Himmel, wo die Wolken wie Zuckerwatte aussahen, zog ein großer, starker Adler seine Kreise. Seine Augen waren so scharf, dass er eine winzige Maus auf dem Feld erspähen konnte. Er war der König der Lüfte und fühlte sich unbesiegbar.

    Unten am Boden, versteckt hinter einem dicken Baum, kauerte ein Jäger. Er sah den prächtigen Adler am Himmel und dachte: "Den muss ich haben!" Er legte einen Pfeil auf seinen Bogen, zielte sorgfältig und – schwupps! – schoss er den Pfeil ab.

    Der Pfeil sauste durch die Luft, schneller als der Wind, und traf den Adler. "Autsch!", dachte der Adler, als er einen stechenden Schmerz spürte. Er flatterte noch einmal kräftig mit den Flügeln, aber er merkte, wie seine Kraft ihn verließ. Langsam, ganz langsam, begann er zur Erde zu trudeln.

    Während er so fiel, blickte er auf den Pfeil, der in seiner Seite steckte. Und was sah er da? Am Ende des Pfeils, dort wo die Federn waren, die den Pfeil gerade fliegen ließen, erkannte er etwas. Es waren Federn von ihm selbst! Ja, es waren seine eigenen, schönen, starken Adlerfedern, die der Jäger benutzt hatte, um den Pfeil zu lenken.

    Der Adler seufzte traurig. "Ach", dachte er, "wie bitter ist das! Dass ausgerechnet meine eigenen Federn dabei geholfen haben, mich vom Himmel zu holen." Und das machte den Schmerz und die Traurigkeit noch ein kleines bisschen größer.

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