Die Kristallkugel
Grimms Märchen
Stellt euch vor, es gab einmal eine Zauberin, die hatte drei Söhne. Sie liebte ihre Söhne, aber sie hatte auch ein bisschen Angst, dass sie ihr ihre Zauberkraft wegnehmen könnten. Darum verwandelte sie den ältesten Sohn in einen Adler, der hoch oben auf einem Felsen wohnen musste. Den zweiten Sohn verwandelte sie in einen Walfisch, der tief unten im Meer schwamm. Nur für zwei Stunden am Tag durften die beiden wieder Menschen sein. Das war ganz schön knifflig!
Der jüngste Sohn aber dachte sich: "Huch, das möchte ich aber nicht!" und bevor seine Mutter ihn auch verwandeln konnte, rannte er heimlich davon. Er hörte von einer wunderschönen Prinzessin, die im Schloss der Goldenen Sonne gefangen gehalten wurde. "Die muss ich befreien!", dachte der mutige Junge. Aber dafür brauchte er eine ganz besondere Kristallkugel.
Also machte er sich auf den Weg. Bald traf er zwei Riesen, die sich lautstark um einen Hut stritten. "Der ist mein!", brüllte der eine. "Nein, meiner!", schrie der andere. Der Junge war schlau und rief: "Hört auf zu zanken! Wer von euch beiden schneller zu dem Baum dort drüben rennt, dem gehört der Hut!" Die Riesen fanden die Idee super und rannten los, was das Zeug hielt. Kaum waren sie weg, schnappte sich der Junge den Hut. Es war ein Wünschhut! "Ich wünsche mich zu den Zauberstiefeln!", rief er, setzte den Hut auf, und schwupps, war er woanders.
Dort zankten sich wieder zwei Riesen, diesmal um ein Paar Stiefel. Wieder schlug der Junge einen Wettlauf vor, und wieder schnappte er sich die Stiefel, als die Riesen davonstürmten. Das waren Wünschstiefel! Mit einem Schritt konnte man meilenweit gehen. "Perfekt!", dachte der Junge. Mit dem Wünschhut auf dem Kopf und den Wünschstiefeln an den Füßen wünschte er sich ganz in die Nähe des Schlosses der Goldenen Sonne.
Dort sah er einen wilden Stier und einen großen Greifvogel miteinander kämpfen. Der Junge zögerte nicht und half dem Greif, den Stier zu besiegen. "Vielen Dank, du tapferer Junge!", krächzte der Greif. "Als Belohnung trage ich dich auf meinem Rücken zum Schloss der Goldenen Sonne." Gesagt, getan! Der Junge kletterte auf den Greif, und sie flogen hoch in die Luft, direkt zum Schloss.
Im Schloss sagte der Greif: "Die Prinzessin wurde in eine hässliche Kröte verwandelt. Um sie zu erlösen, musst du die Kristallkugel finden. Sie liegt in einem Raum, und daneben findest du ein Vogelei. In diesem Ei ist ein Vogel, und im Herzen des Vogels ist ein kleiner, glühender Stein. Den Stein musst du der Kröte zeigen, während du die Kristallkugel hältst."
Der Junge suchte und fand alles: die Kristallkugel, das Ei, den Vogel und den glühenden Stein. Vorsichtig ging er zu der traurigen Kröte, hielt ihr die Kugel und den Stein hin. Im selben Augenblick verwandelte sich die Kröte zurück in die wunderschöne Prinzessin! "Oh, du hast mich gerettet!", rief sie überglücklich.
Die Prinzessin erzählte ihm, dass die Kristallkugel auch seine Brüder zurückverwandeln könne. Der Junge freute sich riesig! Zuerst gingen sie zum Felsen des Adlers. Der Junge hielt die Kugel hoch, und zack, stand sein Bruder wieder als Mensch vor ihm. Dann reisten sie zum Meer. Wieder zeigte er die Kugel, und schwuppdiwupp, war auch der Walfisch wieder sein Bruder.
Alle drei Brüder und die Prinzessin waren überglücklich. Sie zogen zusammen ins Schloss der Goldenen Sonne und lebten dort fröhlich und zufrieden. Und die alte Zauberin? Tja, die ärgerte sich bestimmt ganz schön, aber das war den anderen jetzt ganz egal!
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