Der gute Handel
Grimms Märchen
Es gab da einen Bauern, der hieß Hans. Hans war eigentlich ein ganz normaler Bauer, aber er dachte von sich, er sei ein ganz besonders schlauer Geschäftsmann. Eines schönen Morgens führte er seine Kuh zum Markt, um sie zu verkaufen. "Muh!", machte die Kuh, als wollte sie sagen: "Verkauf mich nicht zu billig!"
Auf dem Markt bekam Hans tatsächlich sieben blanke Taler für seine Kuh. "Sieben Taler!", dachte Hans. "Das ist ein guter Anfang für einen reichen Mann!" Er steckte das Geld in seine Tasche und machte sich fröhlich auf den Heimweg.
Kaum war er ein Stück gegangen, da traf er einen Mann, der ein flottes Pferd am Zügel führte. "Hallo!", sagte der Mann. "Das ist aber ein schwerer Geldbeutel, den du da trägst. Willst du nicht lieber mein Pferd dafür haben? Damit kommst du viel schneller voran!"
Hans dachte nach. "Ein Pferd", murmelte er, "ist doch viel nützlicher als ein Beutel voll Geld! Damit kann ich reiten!" Und schwupps, war der Tausch gemacht. Hans gab die sieben Taler und bekam das Pferd. "Ein guter Handel!", rief er und wollte aufsteigen. Aber das Pferd war ein kleiner Wildfang und warf Hans gleich wieder ab. "Hoppla!", sagte Hans, als er im Staub lag.
Er führte das Pferd weiter und traf bald einen Bauern, der ein dickes Schwein vor sich hertrieb. "Na, mein Freund", grunzte der Bauer, "wohin mit dem störrischen Gaul? Tausch ihn doch gegen mein feines Schwein! Das gibt einen guten Braten und Speck!"
Hans überlegte. "Ein Schwein", dachte er, "das kann man schlachten und essen. Das ist besser als ein Pferd, das mich abwirft." Also tauschte er das Pferd gegen das Schwein. "Wieder ein guter Handel!", freute sich Hans und trieb das Schwein weiter.
Als er an einem Dorf vorbeikam, sah er einen Jungen, der eine weiße Gans unter dem Arm trug. "Hallo!", rief der Junge. "Dein Schwein ist ja schön fett, aber meine Gans legt jeden Tag ein Ei und die Federn sind gut für Kissen!"
Hans kratzte sich am Kopf. "Eier und Federn", dachte er, "das ist ja noch besser als nur Speck!" Und so tauschte er das Schwein gegen die Gans. "Was für ein Glückspilz ich bin!", dachte Hans und trug die Gans.
Ein Stück weiter traf er einen Scherenschleifer mit seinem Karren. Der Scherenschleifer pfiff ein Lied und sein Schleifstein drehte sich. "Eine schöne Gans hast du da!", sagte der Scherenschleifer. "Aber was willst du damit? Tausch sie doch gegen meinen alten Schleifstein. Damit kannst du deine Messer immer scharf halten. Und weil du es bist, gebe ich dir noch diesen schweren Feldstein dazu, der ist gut zum Beschweren."
Hans dachte: "Messer schärfen, das ist wichtig in der Küche! Und ein extra Stein, umsonst! Das ist der beste Handel von allen!" Er gab die Gans her und bekam den alten Schleifstein und den schweren Feldstein.
Die beiden Steine waren aber ganz schön schwer zu tragen. Hans schwitzte und bekam großen Durst. Endlich kam er an einen Brunnen. "Ah, Wasser!", dachte er erleichtert. Er legte die beiden Steine vorsichtig auf den Brunnenrand, um sich hinunterzubeugen und zu trinken. Aber oje! Er stieß aus Versehen erst den einen, dann den anderen Stein an. Plumps! Plumps! Beide fielen tief in den Brunnen hinein.
Hans schaute ihnen nach. Zuerst war er ein bisschen erschrocken. Aber dann fing er an zu lachen. "Wie gut!", rief er. "Diese schweren Steine! Nun bin ich sie los, ohne dass ich sie mühsam nach Hause tragen musste! Der Brunnen hat sie mir abgenommen! Ich bin wirklich ein Glückskind!"
Und so ging Hans, ohne Kuh, ohne Geld, ohne Pferd, ohne Schwein, ohne Gans und ohne Steine, aber mit einem ganz leichten Herzen und fröhlich pfeifend nach Hause zu seiner Frau Grete.
"Na, Hans," fragte Grete, "was bringst du Schönes vom Markt?"
Hans erzählte ihr stolz von all seinen klugen Tauschgeschäften. Grete schüttelte nur den Kopf, aber Hans pfiff ein Liedchen. Er war der glücklichste Bauer der Welt – zumindest dachte er das!
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