• Onkel Toms Hütte

    Andersens Märchen
    In einem gemütlichen, aber sehr kleinen Häuschen, tief versteckt im Wald, lebte eine Familie. Sie hatten viele Kinder, so viele, dass es manchmal schwierig war, genug Essen für alle auf den Tisch zu bringen. Der Jüngste von ihnen war so klein, dass sie ihn Däumling nannten. Er war zwar winzig, aber oho, sein Köpfchen war hellwach!

    Eines Abends hörte Däumling, wie seine Eltern traurig flüsterten. "Wir haben nicht genug zu essen", sagte der Vater. "Wir müssen die Kinder in den Wald bringen, vielleicht findet sie dort jemand, der besser für sie sorgen kann", schluchzte die Mutter.

    Däumling erschrak, aber er dachte schnell nach. Heimlich schlich er sich hinaus und sammelte viele kleine, weiße Kieselsteine in seine Hosentasche. Am nächsten Morgen, als sie in den Wald gingen, ließ Däumling immer wieder einen Stein fallen. Tief im Wald sagten die Eltern, sie müssten Holz sammeln und die Kinder sollten warten. Aber sie kamen nicht zurück. Die Geschwister weinten, doch Däumling sagte: "Keine Sorge, folgt einfach den Steinen!" Und so fanden sie den Weg zurück nach Hause. Die Eltern waren überrascht, aber auch ein bisschen froh.

    Aber das Essen wurde wieder knapp. Wieder hörte Däumling die Eltern planen. Dieses Mal war die Tür verschlossen, und er konnte keine Kieselsteine sammeln. Er hatte nur ein kleines Stück Brot. Als sie wieder in den Wald geführt wurden, zerbröselte er das Brot und warf die Krümel auf den Weg. Doch ach, die Vögel des Waldes hatten Hunger und pickten alle Krümel auf! Als die Eltern sie wieder allein ließen, war der Weg verschwunden. Sie waren verloren.

    Sie irrten lange umher, müde und hungrig. Da sahen sie in der Ferne ein Licht. Es kam von einem Haus. Sie klopften an. Eine Frau öffnete. "Oh, ihr armen Kinder", sagte sie, "aber mein Mann ist ein Menschenfresser! Wenn er euch findet, frisst er euch auf!" Aber die Kinder waren so erschöpft, dass sie trotzdem blieben. Die Frau versteckte sie.

    Als der Menschenfresser nach Hause kam, schnupperte er und brüllte: "Ich rieche Menschenfleisch!" Die Frau sagte: "Ach was, das bildest du dir ein." Aber er fand die Kinder. "Morgen früh gibt es ein Festmahl!", lachte er. Der Menschenfresser hatte sieben Töchter, die kleine goldene Krönchen im Schlaf trugen. Däumling war schlau. In der Nacht, als alle schliefen, nahm er die Mützen seiner Brüder und setzte sie den Töchtern des Menschenfressers auf. Die Krönchen der Töchter setzte er seinen Brüdern und sich selbst auf. Mitten in der Nacht schlich der Menschenfresser herein, um die Jungen zu holen. Im Dunkeln fühlte er nach den Mützen, fand aber die Krönchen und dachte, es seien seine Töchter. Dann fühlte er die Mützen auf den Köpfen seiner Töchter und... nun ja, es war ein schrecklicher Irrtum für ihn.

    Leise schlichen sich Däumling und seine Brüder davon. Als der Menschenfresser seinen Fehler bemerkte, wurde er furchtbar wütend. Er zog seine Siebenmeilenstiefel an – mit jedem Schritt konnte er sieben Meilen weit gehen! – und jagte ihnen nach. Aber vom vielen Laufen wurde er müde und legte sich unter einen Baum, um zu schlafen. Däumling, mutig wie immer, schlich sich an den schlafenden Riesen heran und zog ihm vorsichtig die Zauberstiefel von den Füßen. Sie passten ihm wie angegossen, denn es waren ja Zauberstiefel!

    Mit den Siebenmeilenstiefeln konnte Däumling blitzschnell laufen. Er ging zum König und wurde sein schnellster Bote. Er überbrachte Nachrichten in Windeseile und verdiente viel Gold. Mit vollen Taschen kehrte er zu seiner Familie zurück. Die Eltern weinten vor Freude, als sie ihn sahen und wie reich er geworden war. Von da an mussten sie nie wieder Hunger leiden, und Däumling, der kleine, kluge Kerl, wurde im ganzen Land berühmt.

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