Hermes stiehlt Apollons Rinder
Griechische Mythologie
In einer versteckten Höhle auf einem hohen Berg lebte eine Nymphe namens Maia. Eines Tages bekam sie ein Baby, und dieses Baby war kein gewöhnliches Baby! Sein Name war Hermes, und kaum war er auf der Welt, da war er schon voller Tatendrang.
Er kletterte aus seiner Wiege, als seine Mama kurz nicht hinsah. Draußen vor der Höhle kroch eine Schildkröte vorbei. "Hmm," dachte Hermes, "was könnte ich damit machen?" Und schwupps, baute er aus dem Panzer der Schildkröte und ein paar gespannten Fäden das erste Musikinstrument der Welt: eine wunderschöne Leier! Er zupfte an den Saiten, und es klang zauberhaft.
Aber Hermes war immer noch abenteuerlustig. Er sah in der Ferne eine Herde prächtiger Kühe. Das waren die Kühe von Apollo, dem Gott der Sonne und der Musik, der auch Hermes' großer Bruder war. "Die sehen lustig aus", dachte Hermes. "Ich glaube, ich spiele Apollo einen kleinen Streich."
Also schlich sich Hermes zu den Kühen. Damit niemand seine Spuren verfolgen konnte, band er sich Zweige und Blätter unter die Füße, sodass es aussah, als wären riesige Vögel dort gelaufen. Und den Kühen ließ er rückwärtslaufen, damit es aussah, als wären sie weggegangen, nicht hergekommen! Ganz schön schlau, dieser kleine Hermes. Er versteckte die Kühe gut in einer anderen Höhle. Zwei davon opferte er sogar den Göttern, ganz wie ein Erwachsener.
Dann huschte er schnell zurück in seine Wiege, wickelte sich in seine Decken und tat so, als hätte er die ganze Zeit tief und fest geschlafen.
Als Apollo am nächsten Morgen seine Kühe melken wollte, waren sie weg! Er war sehr wütend und suchte überall. Ein alter Mann erzählte ihm, er habe einen kleinen Jungen mit den Kühen gesehen, aber die Spuren waren sehr merkwürdig.
Apollo, der ja auch ein Gott war und viel wusste, ahnte sofort, wer der Dieb sein könnte. Er stürmte zu Maias Höhle. "Hermes!", rief er. "Gib mir meine Kühe zurück!" Hermes blinzelte verschlafen. "Kühe? Welche Kühe? Ich bin doch nur ein kleines Baby und liege brav in meiner Wiege."
Apollo glaubte ihm kein Wort. Er packte Hermes und brachte ihn vor Zeus, den König der Götter und ihren gemeinsamen Vater. "Vater," sagte Apollo, "dieser kleine Frechdachs hat meine Kühe gestohlen!"
Zeus musste ein bisschen schmunzeln, als er die Geschichte hörte und sah, wie unschuldig Hermes tat. Hermes, der kleine Schelm, gab schließlich alles zu. Um Apollo zu besänftigen, holte Hermes seine selbstgebaute Leier hervor und begann, darauf zu spielen. Die Musik war so wunderschön, dass Apollo ganz verzaubert war. Er hatte noch nie so etwas Schönes gehört. Sein Ärger verflog.
"Diese Leier ist unglaublich!", rief Apollo. "Ich verzeihe dir den Diebstahl, wenn du mir dafür die Leier gibst." Hermes war einverstanden. So bekam Apollo die Leier und wurde zum größten Musiker unter den Göttern. Hermes bekam von Apollo zum Dank einen goldenen Hirtenstab, der später zu seinem berühmten Botenstab wurde. Von diesem Tag an waren Apollo und Hermes gute Freunde, auch wenn Hermes immer für einen lustigen Streich zu haben war.
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