Der junge Riese
Grimms Märchen
Stellt euch vor, da war ein Bauer, der hatte einen ganz winzigen Sohn, nicht größer als ein Daumen. Der Bauer seufzte oft: "Ach, wenn mein Junge doch nur groß und stark wäre!" Eines Tages, als er im Wald Holz hackte, stand plötzlich ein riesiger Kerl vor ihm – ein echter Riese! "Gib mir deinen Jungen", brummte der Riese, "ich mache ihn groß und stark. Nach sieben Jahren bringe ich ihn zurück." Der Bauer hatte zwar ein bisschen Angst, aber auch Hoffnung, und gab dem Riesen seinen winzigen Sohn.
Sieben Jahre später kam der Riese zurück. Neben ihm stand ein Junge, so groß wie ein junger Baum! "Hier ist dein Sohn", sagte der Riese. Der Bauer erschrak gewaltig. "Du bist mein Sohn?", fragte er ungläubig. "Ja, Papa!", rief der junge Riese mit lauter Stimme.
Der junge Riese wollte seinem Vater auf dem Hof helfen. "Ich kann pflügen!", rief er. Er nahm den Pflug, aber statt der Pferde zog er selbst. Er zog so kräftig, dass der Pflug tief in die Erde grub und fast zerbrach. "Halt, halt!", rief der Bauer, "So geht das nicht!"
Dann sollte er Holz für den Zaun machen. Statt Äste abzuschneiden, riss er ganze Bäume aus der Erde! Als er sie auf den Wagen lud, um sie nach Hause zu bringen, brach der Wagen unter der Last zusammen. Der Bauer dachte: "Oh je, der ist viel zu stark für meinen kleinen Hof. Ich muss einen anderen Platz für ihn finden."
Also schickte der Vater ihn zum Schmied. "Hol mir eine starke Eisenstange", sagte er. Beim Schmied packte der junge Riese die dickste Eisenstange und bog sie wie einen Grashalm. Dann schlug er mit der Faust so fest auf den Amboss, dass dieser tief in den Boden sank. Der Schmied bekam große Angst und gab ihm schnell die stärkste Stange, die er hatte.
Mit der Stange ging der junge Riese nach Hause. Der Vater dachte: "Er ist zu stark, er macht alles kaputt." Er schickte seinen Sohn zu einem geizigen Amtmann, der starke Arbeiter suchte. "Du kannst bei mir arbeiten", sagte der Amtmann, "und bekommst so viel zu essen, wie du willst." Der junge Riese freute sich. Zum Abendessen aß er einen ganzen Ochsen und einen riesigen Topf Suppe. Der Amtmann wurde blass vor Schreck, denn er war sehr geizig.
Am nächsten Tag befahl der Amtmann: "Hol mir den Mühlstein aus der Mühle!" Er hoffte, der junge Riese würde das nicht schaffen. Aber der junge Riese ging zur Mühle, hob den riesigen Mühlstein auf seine Schulter und trug ihn spielend leicht zum Amtmann.
Der Amtmann wurde noch ängstlicher. "Geh in den verwunschenen Wald und hacke Holz", sagte er listig. "Dort spukt es, und die Geister werden dich holen!" Der junge Riese lachte nur. Im Wald traf er tatsächlich ein paar Teufelchen. "Was wollt ihr hier?", fragte er. Als sie frech wurden, gab er ihnen ein paar so kräftige Ohrfeigen, dass sie schreiend davonliefen.
Als der junge Riese mit einem riesigen Haufen Holz zurückkam, zitterte der Amtmann vor Angst. "Bitte geh weg!", flehte er. "Ich gebe dir so viel Gold, wie du tragen kannst."
"Gut", sagte der junge Riese. Er holte einen riesigen Sack, so groß wie ein kleines Haus. Der Amtmann musste all sein Gold und Silber in den Sack schütten, bis er randvoll war.
Der junge Riese warf sich den Sack über die Schulter und wanderte fröhlich davon, reich und zufrieden. Und was er mit all dem Gold gemacht hat? Das ist eine andere Geschichte!
1185 Aufrufe